Lesley Pearse by Wo das Glück zu Hause ist

Lesley Pearse by Wo das Glück zu Hause ist

Autor:Wo das Glück zu Hause ist
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-08-03T16:13:50+00:00


15. KAPITEL

Inzwischen war es September geworden, und die Geburt von Matildas Kind stand unmittelbar bevor. Seitdem sie Willow Springs vor drei Monaten hinter sich gelassen hatten, waren sie durch die Hölle gegangen. Viele der Tiere waren vor Erschöpfung gestorben oder verhungert. Wagenräder waren geborsten, weil die Sonne das Holz ausgetrocknet hatte. Viele Familien waren gezwungen gewesen, ihre Wagen zurückzulassen und mit ihren Besitztümern auf dem Rücken zu Fuß weiterzugehen. Der Staub haftete an ihren Körpern und drang in ihre Lungen und Augen. Alle Reisenden waren durch die Anstrengung, den Hunger und Durst völlig geschwächt. Am Tage wurden sie bei lebendigem Leib geröstet, und in der Nacht froren sie. Oft hatten die Wagen ausgeladen werden müssen, wenn die Ochsen an besonders gefährlichen und engen Stellen geführt werden mussten. Hier hätte ein einziger falscher Schritt den sicheren Tod bedeutet. Außerdem mussten sie sich vor den Tieren selbst in Acht nehmen, denn sie waren vor Durst unkontrollierbar geworden. Sobald sie Wasser in der Nähe witterten, rannten sie auf die Quelle zu und trampelten alles nieder, was ihnen im Wege stand. Während des Trecks waren so viele Menschen gestorben, dass Matilda sich weder an all ihre Namen noch an die Orte erinnern konnte, an denen sie beerdigt worden waren.

Matildas Arme waren hart und muskulös geworden, ihre Hände hässlich und voller Schwielen. Jeder einzelne Knochen in ihrem Körper schmerzte. Nachts trennte sie alte Baumwollunterröcke auf und nähte Windeln und Wäsche für das Baby. Immer wenn sie die Kleider betrachtete, die Lily damals für ihr eigenes Kind genäht hatte, hoffte sie, dass bald eine bessere Zeit anbrechen und ihr Baby gesund und stark geboren werden würde. Die Vorstellung, das Kind im Wagen zu bekommen, bereitete ihr zwar Angst, aber dennoch wünschte sie sich die Wehen herbei. Dann hätte sie es endlich hinter sich und wäre von der schweren Bürde ihres mächtigen, unbeweglichen Leibes befreit. Wäre Tabitha nicht gewesen und hätte sie Lily nicht versprochen, sich um sie zu kümmern, hätte sie sicher bereits verzweifelt aufgegeben.

Trotz all des Leidens hatte sie jedoch auch viele gute Dinge erlebt. Niemals zuvor hatte sie so viel persönliche Freiheit genossen. Die Einschränkungen des Lebens als Dienstmädchen sowie der ständige Zwang, sich dennoch wie eine Dame zu benehmen, waren verschwunden. Sie sagte, was ihr in den Sinn kam, und brauchte ihre Meinung nicht mehr hinter schönen Worten zu verbergen. Sie stand inzwischen in dem Ruf, ausdauernd und stark zu sein, und sie spürte, dass man sie ebenfalls ihrer Intelligenz, ihres Wissens und ihrer Freundlichkeit wegen bewunderte. Obwohl sie nicht die Absicht gehabt hatte, während der Reise Freunde zu finden, hatten sie sich von ganz allein eingestellt. Jetzt, da ihre Niederkunft so kurz bevorstand, waren ihre Wassereimer wunderbarerweise immer gefüllt, und oft fand sie kleine Geschenke wie Beeren, Suppe, Fleisch und Brot vor ihrem Wagen.

Doch von allen Freundschaften, die entstanden waren, empfand sie die zwischen ihr und Captain Russell als die intensivste. Manchmal erschien es ihr sonderbar, dass ein Mann, der sie anfangs so verunsichert und verärgert hatte, ein so wertvoller Begleiter hatte werden können.



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